Marathon des Sables 2001

3.4.2001 - Etappe 3: Erg Znaigui - Oued El Jdaid (38 km)

Nachdem ich mich mittlerweile an das Prozedere morgens gewöhnt hatte, machte ich mir auch weniger Gedanken. Mir ging es gut. Außer 2 kleine Blasen war ich unbelastet. Nachdem ich am vorigen Tag dieser angeblich schweren Etappe recht gut bewaltigt hatte, verlor ich ein wenig den Respekt. Im Gesamtklassement war ich etwa 160. Wenn das so weiter geht, würde ich voll im "Soll" sein. Kurz vor der Start wurden wir von Patrick Bauer noch auf die hohe Temperaturen hingewiesen. Es war noch nicht mal 9:00 Uhr und schon war es 35 Grad im Schatten. Das dürfte noch heiter werden.

Nach der Start, trab ich dann auch etwas verhaltener los. Immerhin waren es noch mal 4 km mehr als gestern. Ich lief mehr oder weniger zusammen mit Guido aus unserem Zelt. Wir waren auch "Nachbarn" im Gesamtklassement. Er war, wie ich auch, das erste Mal hier bei der Marathon des Sables. Wie liefen an den Ausläufern der Gestrigen Schlußdünen vorbei. Mal lief Guido etwas vor mir, dann mal ich. Wegen der Hitze kam kaum ein Gespräch zustande. Immerhin liefen wir anstatt, wie viele anderen, zu gehen und dürften auf dem Moment auch so ziemlich weit vorne gewesen sein. Deswegen namen wir beide bei km 11 unser Wasserflasche, füllten unsere Trinkflaschen damit und liefen ohne Pause sofort weiter.

Kurz vor der 2. CP bei km 22 verlor ich Guido aus dem Augen. Er hat was Tempo herausgenommen und ich bin weiter gelaufen. Bei der 2. CP habe ich einfach meine Flasche Wasser genommen und sie mit auf der Strecke genommen. Da der nächste CP erst in 12 km sein wurde, wollte ich sowohl das Restwasser in meine Trinkflaschen und das ganze neue Wasser mitnehmen. Jetzt kam ein sehr langes Geröllfeld. Abwechselnd bin ich gelaufen und gegangen. Die Hitze war drückend und das Wasser wurde schnell weniger.

Endlich kam ein Ende an dieses öde Geröllfeld. Ein Steilanstieg von schätzungsweise 50 höhenmeter kündigte sich an. Die Organisatoren hatten kurz vor dem Anstieg ein Smiley auf den Boden des kleine ausgetrocknete Sees gesprüht. Peter hatte mich, während ich gegangen bin, auf dem Geröllfeld überholt. Das war ein Anreiz für mich, mich wieder an ihm heranzukämpfen. Auf dem Foto links unten, ist er zu sehen neben diesen als Wegmarkierung orange gesprühtem Stein.

Auf ...
...und ab

Nach dem Abstieg kam gott sei dank ein flaches ausgetrocknetes Flussbett. Da lief ich wieder auf Peter auf. Zusammen sind wir durch das danachfolgende Dorf getrottet. Die Hitze stand da so richtig. Am linker Wegrand - ja, aufeinmal gab's ein weg - saßen 2 oder 3 Männer vor einer Hütte und verkauften Cola oder ähnliches. Das war verlockend weil mein Wasser fast alle war. Ich hatte aber keine Dirhams dabei und außerdem ist es, glaube ich, nicht erlaubt sich unterwegs etwas zu besorgen. Also sofort weiter. Peter und ich haben uns gegenseitig noch über die Hitze beklagt. Das dorf bestand gerade mal aus 4 oder 5 Häuschen. Ein paar Kamerateams hatten sich da postiert um schöne Bilder zu schießen.

Nach etwa 32 km wurde ich auch noch müde. Sofort nach dem Dorf schaltete ich um vom Trotten im Gehen. Ich hatte noch 2 Schluck Wasser in der Flasche. Irgendwie schaukelte ich mich wieder vorwärts über das ansteigende Geröllfeld das dem Dorf folgte. Immer langsamer und langsamer wurde ich. Ich trank mein vorletztes Schluck Wasser. Der Geröllboden änderte sich almählig in einen Sandboden. In der Anstieg stand die Hitze so, daß ich stehen bleiben mußte. Meine Hände auf den Kniehen. Wieder zehn Meter gehen. Wieder eine Pause. Wieder die Haende auf den Knieen. Mein Mund war trocken und fühlte sich an wie Leder. Dann kam Sven an mich vorbei. Er informierte sich, ob mit mir alles in Ordnung war. Ich erwiderte nur: "Die Hitze, ... und ich habe kein Wasser mehr". Er bot mir einen Schluck wasser an. Das wollte ich auf keinen Fall annehmen. Vielleicht war es Stolz, vielleicht war es Rücksicht. Ich weiß es nicht. Er ging an mich vorbei mit der Bemerkung: "Du rufst schon, wenn Du was brauchst, OK?".

Wieder ging ich 10 Meter. Die Anhöhe mußte gleich zu Ende sein. Der nächste CP mußte sich direkt dahinter befinden. Ich beißte auf meine Zähnen und versuchte weiter zu gehen. Dann kam eine leichte Brise. Sofort fühlte ich mich besser und absolvierte die letzte 100 meter zur Sattelhöhe ohne weitere Probleme. Oben angekommen, konnte man etwa 400 m weiter schon der nächste CP sehen. Ich zog meine Gamaschen wieder hoch und rannte den sandigen Abstieg ohne Rücksicht auf Verluste herunter. 200 m vor der CP rannte ich Sven vorbei. Was der wohl gedacht haben müßte.

Im CP trank ich erst mal etwa ein viertel Liter. Ohne weitere Pause und gestärkt mit der Gedanken, daß ich mehr als ein Liter für die Letzte 4 km hatte, rannte ich weiter. Ich überholte sogar noch 2 andere Teilnehmer. Nach etwa einem km schaltete ich wieder um von Laufen auf's Trotten. Zusammen mit ein Portugieser schaffte ich die nächsten 2 km. Wir unterhaltetten uns ein wenig mit "Hände und Füßen". Irgendwie sah ich dann Teilnehmer gerade vor uns und welche die links abbogen. Ich erinnerte mich an die Streckenbeschreibung im Roadbook. Da war doch etwas von einen Linksknick beschrieben. Also, beschloß ich einen Abkürzung zu wagen.

Diese Abkürzung fing erst mal an mit eine 5 m Steigung. Von da aus sah ich mehrere Teilnehmer vor mir, aber auch einigen deutlich rechts von mir. So falsch kann das also nicht sein, dachte ich. Wieder folgte ein Geröllfeld, abgewechselt mit einige Senken die auch wieder hochgelaufen werden müßten. Endlich sah ich das Ziel und ohne weitere Probleme lief ich das letzte stück zu Ende.

Wie immer, waren Alex und Eberhard schon im Zelt. Gefreut habe ich mich immer über Eberhards willkommensgruß: "Aaaahhh, ... der Eeeeeeric". Sofort mußte ich von Eberhard mich das Kochen zuwenden. Petra und Rolf folgten eine knappe Stunde später. Die Nachricht, die Petra mitbrachte, haute mich so richtig vom Hocker. Sie erzählte von Guido. Er war ohnmächtig geworden und ist deswegen aus dem Rennen genommen worden. Er hatte sich anscheinend (unbewust) dagegen gewehrt. Petra meinte, daß mehrere nötig waren ihm ruhig zu stellen. Später erzählte er mich, er könne sich nicht mehr daran erinnern. Nachdem Petra fertig war mit erzählen, mußte ich weinen. Es hätte doch auch mich treffen können. Wir waren doch beide gleich gut drauf.

Ungewöhnlich spät kam auch Holger ins Ziel. Er erzählte von wie er bei Guido geblieben ist, wie die Organisatoren ihm dann, nachdem Guido vom Hubschrauber mitgenommen war, wieder auf die Strecke geschickt haben. Ich brauche nicht zu erzählen, wie die Stimmung im Zelt war. Ruhig köchelte jeder vor sich hin. Alex ist mehrmals zur Klinikzelt gegangen um nachzusehen wie es mit Guido ging. Er war immer noch nicht richtig der Alte und wußte angeblich immer noch nicht seinen eigene Name.

Es wurde richtig windig und wir beschäftigten uns vor allem mit unserem Zelt. Mehrmals war sie völlig umgeweht. Immer wieder mußten wie sie selbst aufbauen. Die Zeltleute hatten händevoll zu tun im Bivouac. Endlich war unser Zelt richtig stabil und kümmerten wir uns sogar um unsere Nachbarzelte. Immerhin war es eine Ablenkung von Guido's traurige Geschichte.

Bei der Betrachtung der Ergebnislisten, fragte mich ein Kamerateam ob ich mich nicht filmen lassen möchte während eine sogenannte Dopingkontrole. Das schien mich interessant und holte mein Rucksack aus dem Zelt. Alles vom "Zieleinlauf" bis zu "Pinkeln" wurde in Scene gesetzt um die Zuschauer zuhause zu zeigen wie eine Dopingkontrole durchgefüht wird. Das war auch eine nette Erfahrung. Nicht nur das schauspielen, sondern auch die ganze Dopingkontrolle. Die ausgefüllte Formularen wurden natürlich danach zerissen, da es sich um einen "Fake" handelte.

In der Zeit, das ich weg war, war Guido erschienen im Zelt. Ihm ging es mittlerweile wieder gut. Er wurde natürlich gleich zurückgeschickt mit der Mitteilung: "Die vermissen Dich schon im Klinik." Der Tag neigte zu Ende und mittlerweile hatte ich mich auch daran gewöhnt, um 20:00 Uhr schafen zu gehen. Das einzige Nachteil: Um 04:00 Uhr wurde ich immer wach und spazierte etwas durch dem Bivouac.